Die fünf Jurymitglieder der Kategorie „u19 – Create Your World“ des Prix Ars Electronica beschäftigten sich drei Tage lang mit den zahlreichen Einreichungen der Kinder und Jugendlichen unter 19 Jahren aus Österreich. Es wurde viel diskutiert, besprochen und beratschlagt und schließlich selektiert. In einer der wenigen Pausen, die sich diese Jury gönnte, haben wir mit Ulrike Schweiger und Conny Lee über die schwierige Entscheidung, die sie treffen mussten, gesprochen.
Die „Konstruktion eines Fortbewegungsmittels nach dem Vorbild der Ameise“ von Gabriel Krög bekam 2013 eine Anerkennung in der Kategorie u19 – Create Your World (Credit: Tom Mesic)
Kinder und Jugendliche haben in dieser Kategorie die Möglichkeit ihre Vorstellungen und Ideen zur Welt von Morgen zu realisieren und zu präsentieren. Gibt es dieses Jahr einen Trend bei den Themen der Projekte?
Ulrike Schweiger: Das Schöne ist die bunte Vielfalt der Themen. Es gibt sowohl viele verschiedene Altersgruppen, als auch verschiedene Sichtweisen und Ansätze. Ein paar Themenstellungen, wie beispielsweise Mobbing, haben Schulen ausgeschrieben. Deshalb wurden zu diesem Thema einige Projekte eingereicht. Ein weiteres ausgeschriebenes Thema lautete „Raum für Kunst“. Hier überlegten sich Schülerinnen und Schüler, wie sie Kunst in Räumen unterbringen, in denen sie gerne wohnen würden. Es gibt aber auch sehr viele Einreichungen aus dem wissenschaftlich-technischen Bereich, die vor allem von HTL-Schülerinnen und -Schülern kommen.
Conny Lee: Genau. Dieser Trend ist uns schon aufgefallen, dass sehr viele Projekte von technischen Berufsschulen kommen. Hier handelt es sich oft um Abschlussprojekte, Maturaprojekte oder Diplomarbeiten, wo sehr viel Fachspezifisches enthalten ist. Das ist für uns als Jury dann oft schwierig zu beurteilen, was das Projekt genau kann, was daran innovativ ist oder was es in diesem Gebiet schon gibt.
Die GameLab Exhibit beim Ars Electronica Festival 2013 (Credit: Tom Mesic)
In dieser Kategorie können Kinder und Jugendliche – angefangen von künstlerischen Animationsfilmen und Soundkreationen, über Websites und Apps, bis hin zu wissenschaftlichen Projekten und innovativen Ideen für die Zukunft – alles einreichen was sie wollen. Ist es schwierig die Arbeiten miteinander zu vergleichen?
Ulrike Schweiger: Ja, das ist extrem schwierig. Deshalb ist es gut, Untergruppen zu machen und so beispielsweise nur wissenschaftliche Arbeiten miteinander zu vergleichen oder nur Einreichungen aus dem Bereich Biologie oder nur Animationen mit anderen Animationen zu vergleichen. So kann man sich langsam vortasten, indem man immer ähnliche Einreichungen miteinander vergleicht und diskutiert.
Soilution – Erde mit Zukunft bekam 2013 eine Auszeichnung in der Kategorie u19 – Create Your World (Credit: Tom Mesic)
Gilt diese Gruppierung dann auch für das Alter der Kinder und Jugendlichen?
Ulrike Schweiger: Nein, in Altersgruppen teilen wir die Arbeiten nicht ein. Die betrachten wir alle gemischt. Ich frage jedoch trotzdem nach dem Alter der Einreicherin oder des Einreichers, weil es ein Unterschied ist, ob ein 10-jähriger ein Computerspiel programmiert oder ein 17-jähriger. Das fließt dann natürlich auch in die Beurteilung mit ein.
Conny Lee: Ja, das Alter wird schon mitbedacht, denn ein 17-jähriger hat einfach andere Möglichkeiten, als ein 10- oder gar 7-jähriger. Einfach aufgrund der Erfahrung, die er auf dieser Welt schon sammeln konnte.
Können denn die Arbeiten der Jüngeren überhaupt mit jenen der Älteren mithalten?
Conny Lee: Die Jungen können definitiv mit den Älteren mithalten! Die Jüngeren denken oft noch nicht in so strengen Mustern und können dadurch sogar die Älteren hin und wieder künstlerisch und kreativ ein bisschen übertrumpfen.
Im Rahmen des Ars Electronica Festivals gibt es für Kinder und Jugendliche jedes Jahr eine eigene Festivalstadt (Credit: Rubra)
Was würdet ihr Kindern und Jugendlichen raten die in den kommenden Jahren ein Projekt einreichen wollen?
Conny Lee: Sie sollten sich nicht zu viel von den Erwachsenen reinreden lassen. Wenn sie etwas machen wollen, sollen sie ihr Ding durchziehen. Das wäre mein wichtigster Rat.
Ulrike Schweiger: Wichtig ist eine Einreichung so zu machen, dass sie auch ein Jurymietglied, das vielleicht kein Spezialist in diesem Bereich ist, versteht. Das gilt insbesondere für wissenschaftliche Projekte. Hier ist vor allem die Dokumentation wichtig. Wenn es beispielsweise eine Erfindung ist, wäre es schön, ein Modell davon zu sehen oder im Idealfall sogar einen kleinen Film, wie diese Erfindung funktioniert.
2013 gewann Dominik Koller mit seinem Visual:Drumset die Goldene Nica in der Kategorie u19 – Create Your World (Credit: Dominik Koller)
Was muss ein Projekt mitbringen, um eine „Goldene Nica“ zu gewinnen?
Conny Lee: Das Projekt sollte uns schon beim ersten Blick begeistern. Es sollte innovativ, kreativ und sowohl künstlerisch als auch technisch sein. Natürlich ist auch die wirtschaftlich-technische Komponente wichtig, denn sonst wäre es bei einem Prix Ars Electronica fehl am Platz.
Ulrike Schweiger: Das Projekt muss auf jeden Fall in Erinnerung bleiben. Es muss die Jury auf eine gewisse Art berühren und bewegen. Im Idealfall sollte es sogar so sein, dass man dadurch die Welt ein bisschen anders sieht.
Ulrike Schweiger ist Absolventin der Universität für Musik und darstellende Kunst, Abteilung Film und Fernsehen, Wien. Sie arbeitet als Regisseurin, Drehbuchautorin und dramaturgische Beraterin. Sie ist Mitglied des Vorstands des Drehbuchforums Wien und Drehbuchverband Austria und Jurymitglied des Stoffentwicklungsbeirats des Österreichischen Filminstituts. Ulrike Schweigers Filme wurden auf internationalen Filmfestivals sowie in Österreich mehrfach ausgezeichnet.
Conny Lee, geboren 1985 in Wien, hat das als brotlos verschriene Studium der Theater-, Film- und Medienwissenschaft in Wien studiert. Seit ihrem Abschluss ist sie bei Radio FM4.
So schwer der Entscheidungsprozess auch war, die Jury hat sich für einen Gewinner in der Kategorie „u19 – Create Your World“ entschieden, der eine Goldene Nica im Wert von € 5.000,- erhalten wird. Des Weiteren wählte die Jury zwei Einreichungen für Auszeichnungen im Wert von jeweils € 2.000,- aus. Auch für die Altersgruppen „bis 10 Jahre“ und „11 – 14 Jahre“ wird es je einen Sachpreis geben. Am 2. Juni findet die Pressekonferenz statt, bei der alle Gewinnerinnen und Gewinner des Prix Ars Electronica 2014 bekannt gegeben werden. Es bleibt also spannend. In der Zwischenzeit wollen wir Ihnen die Wartezeit hier im Ars Electronica Blog mit weiteren interessanten Interviews von JurorInnen verkürzen.