Der Mariendom und der Domplatz wird heuer wieder klingender Dreh- und Angelpunkt für die Eröffnung des Ars Electronica Festivals. Walzer, Toccaten, Partiten – gespielt und gesungen von herausragenden Klangkollektiven wie dem Bruckner Orchester Linz, dem Vokalensemble Company of Music oder dem Organisten Wolfgang Kreuzhuber – bringen den größten Kirchenraum Österreichs in Bewegung.
Diese Doppeldeutigkeiten von Kraft und Augenblick, von Ursache und Wirkung, von Motivation und Veränderung sind die thematischen Ankerpunkte, mit denen das diesjährige Festival unter dem Motto PANIC – yes/no eröffnet wird. Sie verweisen auf zwei historische Momente: Vor 200 Jahren wurde mit dem Walzerkönig Johann Strauss (Sohn), eine kulturelle Ikone Österreichs geboren, und vor 30 Jahren trat Österreich der Europäischen Union bei – ein Wendepunkt in seiner jüngeren Geschichte.
„Glücklich ist, wer vergisst, was nicht zu ändern ist.“, heißt es in der Operette „Fledermaus“ von Johann Strauss, dessen musikalisches Erbe wir heuer feiern. Die Welt steht nicht mehr lang. Sie ist noch nie stillgestanden. Glücklich ist, wer nicht darauf vergisst, in Bewegung zu bleiben. „Ich lobe den Tanz, denn er befreit den Menschen von der Schwere der Dinge, bindet den Vereinzelten an die Gemeinschaft.“, wie dem großen Kirchenvater Augustinus zugeschrieben wird. Das Ars Electronica Opening 2025 eröffnet Raum für allerlei klingende Bewegungsarten, um in der Selbstvergessenheit des Tanzes, an die menschliche Gestaltungskraft zu erinnern.
Ein Highlight dieses Eröffnungsabends bilden Ausschnitte aus dem Projekt Walzersymphonie – realisiert vom Ars Electronica Futurelab in Kooperation mit vier internationalen Musikuniversitäten, umgesetzt im Auftrag des Festjahres Johann Strauss 2025 Wien. Studierende waren eingeladen, künstlerische Konzepte einzureichen, die sich kritisch und kreativ mit dem musikalischen Erbe von Johann Strauss (Sohn) sowie der Rolle von Künstlicher Intelligenz in der Komposition auseinandersetzen. Das Bruckner Orchester spielt unter Leitung von Ingmar Beck, nicht nur diese Neuheit, sondern auch die Fledermaus-Ouvertüre oder das Traumbild von Johann Strauss.
Die Company of Music singt unter der Leitung von Johannes Hiemetsberger die Partita for 8 Voices der amerikanischen Komponistin Caroline Shaw. Dieses Werk basiert auf barocken Tanzsätzen nach Johann Sebastian Bach. Ebenfalls zu hören ist Bachs weltberühmte Toccata in d-Moll, gespielt auf der Orgel. Dem experimentellen Umgang mit Orgelklängen widmet sich dann Navid Navab in Organism: In Turbulence, das 2025 mit der Goldenen Nica des Prix Ars Electronica ausgezeichnet wurde. Der in Montréal lebende Künstler reflektiert damit unsere Vorstellung von klassischer Kirchenmusik. Die Installation wird das gesamte Festival über im Mariendom ausgestellt – man kann sich auf weitere performative Interventionen freuen. Und mit einem Perkussionsensemble rundum Weltschlagzeuger Christoph Sietzen gibt es einen Vorgeschmack auf die heurige Klangwolke URBAN PULSE.
Zuvor interpretieren gehörlose Musiker*innen des inklusiven Kinder- und Jugendchors White Hands Chorus NIPPON gemeinsam mit Chorsänger*innen unter der Leitung von Johannes Hiemetsberger die Europahymne auf dem Domplatz. Mitsingen und mitgebärden ist ausdrücklich erwünscht. Passend zum 30-jährigen Jubiläum des EU-Beitritts Österreichs macht die Performance internationale Kulturbeziehungen und gelebte Inklusion zum gemeinsamen Erlebnis.
Alles Walzer!
Co-Kurator Norbert Trawöger, Künstlerischer Leiter Brucknerhaus/LIVA
PROGRAMM
Domplatz (ab ca. 19:30)
Opening Act: Bex (AT)
White Hands Chorus NIPPON (JP): Visible: “An die Freude”
Europahymne in Gebärdensprache, moderiert von Norbert Trawöger (AT), performt von Sopranistin Erika Colon (JP), mit dem Gebärdenchor der Pfarrgemeinde Urfahr-St. Josef (AT), begleitet von Company of Music unter der Leitung von Johannes Hiemetsberger (AT)
Mariendom (ab ca. 21:30)
URBAN PULSE: Percussion-Performance mit Christoph Sietzen (AT)
Ars Electronica Futurelab (AT), Ali Nikrang (AT): Walzersymphonie, mit dem Bruckner Orchester Linz unter der Leitung von Ingmar Beck (DE)
Johann Strauss (Sohn) (AT): Ouvertüre aus Die Fledermaus, Traumbild I, Bruckner Orchester Linz (AT)
Caroline Shaw (US): Partita for 8 Voices, gesungen von Company of Music unter der Leitung von Johannes Hiemetsberger (AT)
Johann Sebastian Bach (DE): Toccata in d-Moll , Interpretation und Improvisation von Wolfgang Kreuzhuber (AT)
Navid Navab (IR/CA): Organism: In Turbulence