Prix Ars Electronica 2022: Es geht wieder los!

The Golden Nica
, credit: Ars Electronica / Martin Hieslmair

Neues Jahr, neue Chance! Die begehrte Goldene Nica, Preisgelder in der Höhe von bis zu 10.000 Euro je Kategorie und ein prominenter Auftritt beim Ars Electronica Festival in Linz – all das winkt den Gewinner*innen des Prix Ars Electronica 2022. Bis 2. März können Kreative aus aller Welt in vier verschiedenen Kategorien ihre Projekte einreichen: „Computer Animation„, „Digital Communities„, „Interactive Art +“ und „u19 – create your world„. Dazu gesellen sich diesmal der Ars Electronica Award for Digital Humanity und der Bildungspreis Klasse! Lernen., welcher in Zusammenarbeit mit OeAD und BMBWF ausgeschrieben wird.

Wie alles begann

Der Prix Ars Electronica wurde 1987 von Ars Electronica-Mitbegründer Hannes Leopoldseder und Christine Schöpf ins Leben gerufen. Ziel war es zu zeigen, dass der Computer inzwischen zu einer der wichtigsten Ressourcen in der Hand von Kreativen geworden ist und Computerkunst im Gesamtzusammenhang der Computerkultur zu verstehen ist. Die Kategorien der ersten Stunde hießen „Computer-Graphik“, „Computer-Animation“ und „Computer-Musik“, für die Künstler*innen aus aller Welt einreichen konnten. Seit seinem Bestehen ist der Prix ein Radar für die neuesten Entwicklungen in Kunst, Technologie und Gesellschaft. 1990 wurde der Wettbewerb um die Kategorie „Interactive Art“, welche sich mit interaktiven Arbeiten beschäftigte, erweitert. 1998 wurde der Prix Ars Electronica um eine weitere Kategorie ergänzt, die sich ausschließlich an Kinder und Jugendliche richtete. Was heute „u19 – create your world“ heißt, war in der Geburtsstunde als „Cybergeneration u19 – freestyle computing“ bekannt. 2004 wurden erstmals die Kategorien „Digital Communities“ und [the next idea] voestalpine Art and Technology Grant ausgeschrieben, 2007 folgte dann Hybrid Art. 2014 wartete der Prix Ars Electronica mit der nächsten Neuerung auf: Erstmals vergibt man nun auch eine Goldene Nica für die Visionary Pioneers of Media Art. 2019 folgte schließlich als neueste Ergänzung die Kategorie „Artificial Intelligence & Life Art“. Seitdem werden die Kategorienpaare „Artificial Intelligence & Life Art“ und „Digital Musics & Sound Art“ sowie „Interactive Art“ und „Digital Communities“ abwechselnd im Zweijahresrhythmus ausgeschrieben.

The first Prix Gala in 1987
Prix 1987, Credit: Sigrid Sator

Computer Animation

Die Kategorie Computer Animation ist von Anfang an Bestandteil des Prix Ars Electronica und ihre Entwicklung zeugt von der kontinuierlichen Kraft und Dynamik, die in den eingereichten Arbeiten steckt. Es werden herausragende Leistungen in unabhängigen Kunst- und Wissenschaftswerken sowie in kommerziellen High-End-Produktionen der Film-, Werbe- und Unterhaltungsindustrie ausgezeichnet. In dieser Kategorie zählt künstlerische Originalität genauso viel wie exzellente technische Leistung. In den letzten Jahren hat sich die Computeranimation zu einer treibenden Kraft für viele neue Bereiche entwickelt, die sowohl künstlerisch als auch technisch über den Bildschirm hinausgehen. Um diese wichtige Rolle anzuerkennen, freuen sich die Juror*innen der Kategorie erneut auf spannende Experimente und vielversprechende Ansätze, die auf erweiterten Interpretationen der Computeranimation beruhen.

Kid standing in the forest
When the sea send forth a forest, Credit: Guangli Liu (CN)

2021 gewann der chinesische Künstler Guangli Liu mit seinem Film „When the sea send forth a forest“ die Goldene Nica in der Kategorie Computer Animation. Mit „When the sea sends forth a forest“ thematisiert Guangli Liu die vergessene Geschichte der chinesischen Gemeinschaft in Kambodscha, die von den Roten Khmer verfolgt, vertrieben und getötet und dabei von China im Stich gelassen wurde. Angesichts des Mangels an historischem Filmmaterial aus dem Land, das damals völlig von der Außenwelt abgeschottet war, verwendet Guangli Liu zwei sehr widersprüchliche Quellen: einerseits die Propagandavideos des Regimes und andererseits die Schreckensbilder, die nach dessen Sturz in der ganzen Welt verbreitet wurden. Guangli Liu verwebt das alte Filmmaterial virtuos mit 3D-Darstellungen aus einer Game-Engine und schafft so eine einzigartige visuelle Geschichte.

Digital Communities

Die Kategorie Digital Communities konzentriert sich auf das weitreichende Feld künstlerischer und sozialer Projekte und Aktivitäten, die auf sozialen Nutzen, Aufbau und Unterstützung von Gemeinschaften und die Förderung einer offenen und integrativen Zivilgesellschaft abzielen. Projekte, die sich mit sozialen, kulturellen, ökologischen, bildungspolitischen und politischen Fragen der modernen Gesellschaft befassen; aktive Auseinandersetzungen mit kultureller Vielfalt, der Gleichstellung der Geschlechter, der Ermächtigung von Bürger*innen; Projekte, die Demokratie, Menschenrechte und Meinungsfreiheit verteidigen und unterstützen; Initiativen, die Ideen und Infrastrukturen für eine integrative und nachhaltige Gesellschaft mit einem innovativen und künstlerischen Ansatz entwickeln und fördern. Die Juror*innen werden besonderen Wert auf die Bedeutsamkeit, Angemessenheit und Offenheit der Aktivitäten legen. Beiträge dieser Kategorie sollen als Vorbild und Quelle der Inspiration, Ermutigung und Befähigung dienen.

Installation at the OK Linz
Be Water, Credit: vog.photo

2020 ging die Goldene Nica zum ersten Mal an eine anonyme Gruppe: die Bürger*innen Hongkongs, die die pro-demokratischen Proteste von 2019 organisierten. „Be Water“ heißt das Projekt der Protestbewegung, dessen Name auf ein Zitat des Kampfkünstlers und Schauspielers Bruce Lee zurückgeht und so viel bedeutet wie formlos und in der Lage zu sein, sich jeder Situation anzupassen. Gelb ist die Farbe der Freiheitsbewegung in Hongkong.

Interactive Art +

Die Kategorie Interactive Art + befasst sich mit interaktiven Arbeiten jeglicher Art und jeglichen Formats, von Installationen bis hin zu Performances und Netzprojekten. Im Vordergrund stehen dabei die künstlerische Qualität in der Entwicklung und Gestaltung der Interaktion sowie ein stimmiger Dialog zwischen der inhaltlichen Ebene und den zum Einsatz kommenden Interaktionsprinzipien und Interfaces. Von besonderem Interesse sind einschlägige Projekte mit einer expliziten gesellschaftspolitischen Agenda, Arbeiten, die bemerkenswerte technologische oder wissenschaftliche Errungenschaften repräsentieren sowie Werke mit einem starken Interesse, den Handlungsspielraum und Wirkungsbereich des Menschen zu erweitern. Weitere Schlüsselkriterien sind Innovation sowie Einzigartigkeit der eingereichten Arbeiten. Als Antwort auf die zunehmende Vielfalt der künstlerischen Arbeiten und Methoden wurde dem Namen dieser Kategorie ein „+“ hinzugefügt. Dies soll bedeuten, dass die Kategorie offen für neue Experimente und erweiterte Interpretationen interaktiver Kunst aufgeschlossen gegenüber steht.

People sitting at a table.
SOMEONE, Credit: Stan Narten

Lauren Lee McCarthy gewann 2020 die Goldene Nica in der Kategorie Interactive Art + für ihr Projekt SOMEONE. Bei dieser Installation waren die Besucher*innen eingeladen, als menschliche Ausgabe einer Amazon Alexa zu agieren. Für die Ausstellung wurden die Wohnungen von vier Teilnehmer*innen mit speziell angefertigten Smart Devices ausgestattet: Kameras, Mikrofone, Schalter, Lichter und sonstige Geräte. Die Kommandozentrale, eine Mischung aus Callcenter und WeWork Coworking Space, in deren Zentrum vier Computerplätze stehen, befand sich in der Ausstellung selbst. Über die Laptops konnten die Besucher*innen in die vier Wohnungen blicken, über sie wachen und die Geräte darin fernsteuern.

u19 – create your world

Bei der Kategorie u19 – create your world des Prix Ars Electronica haben Kinder und Jugendliche bis 19 Jahren (mit Wohnsitz in Österreich) die Möglichkeit ihre Vorstellungen und Ideen zur Welt von Morgen zu realisieren und zu präsentieren. Klarheit war gestern, Chaos ist heute, aber was ist morgen? Nutze die Ungewissheit der Zeit, lass deiner kreativen Energie freien Lauf und beschäftige dich künstlerisch oder kritisch mit deinen aktuellen Zukunftsvorstellungen. Einfaches wird mehrfach, Farbloses wird bunt, Starres wird flexibel. Wir sind gespannt auf eure Ideen und Gedanken!

re-wire installation at the prix ars electronica.
re-wire, Credit: Felix Senk, Emil Steixner, Max-Jakob Beer

Die Goldene Nica in dieser Kategorie ging letztes Jahr an das Projekt re-wire von Felix Senk, Emil Steixner und Max-Jakob Beer. Sie haben aus Elektroschrott und gefundenen Materialien einen modularen Synthesizer gebaut. Die Sounds dafür haben sie selbst aufgenommen, teilweise während der Entstehung des Objekts, zum Beispiel beim Sägen der Bretter. Es ist also ein Instrument, dessen Töne aus der eigenen Entstehung stammen. Die drei Künstler editierten die Sounds, verwendeten freie Software für einen Micro-Controller und transformierten die XLR-Kabel, um daraus ein Interface für den Synthesizer zu machen. Das Ergebnis ist ein Instrument, in dem nicht nur unglaublich viel Arbeit, Recherche und Soundtüftelei stecken, sondern mit dem man auch einen unverwechselbaren Sound erzeugen kann. Es kombiniert den ökologischen Gedanken des Upcyclings mit dem Wunsch, etwas Reales zu kreieren.

Ars Electronica Award for Digital Humanity

Der Ars Electronica Award for Digital Humanity betont gleichermaßen die Menschlichkeit und den Humanismus, die die Entwicklung neuer Technologien bestimmen müssen. Der Preis zeichnet Projekte und Kunstwerke aus, die zu einem grundlegenden Umdenken in unserem heutigen Umgang mit Technologie anregen: Es ist an der Zeit, unsere Rolle als bloße datengenerierende Maschinen abzulegen und aktiv an der Gestaltung unserer digitalen Zukunft teilzunehmen. Der Digital Humanity Award konzentriert sich auf künstlerische Projekte, die sich mit sozialen, kulturellen und humanitären Fragen in unserer digitalen Gesellschaft auseinandersetzen. Er hebt herausragende Beispiele für kollaborative Praktiken zwischen Individuen unterschiedlicher Disziplinen und Hintergründe hervor. Besonderes Augenmerk legen die Jurymitglieder auf künstlerische Projekte, die über die bloße Reflexion über die Auswirkungen neuer Technologien hinausgehen und aktiv neue Wege, Prototypen und Vorbilder zu einem neuen digitalen Humanismus schaffen.

Branch Magazin
Branch Magazine / Climate Action Tech, Cover Illustration: Gica Tam

Der letztes Jahr erstmals vergebene Ars Electronica Award for Digital Humanity ging an das Online-Magazin Branch, welches von und für Menschen geschrieben wurde, die von einem nachhaltigen und gerechten Internet für alle träumen. Beim Ars Electronica Festival 2021 organisierte Branch Magazine die Themenkonferenz und präsentierte seine Arbeiten im Rahmen der Themenausstellung.

Klasse! Lernen.

Der dieses Jahr erstmals vergebene Bildungspreis Klasse! Lernen. richtet sich an Lehrer*innen und Schüler*innen, die die Transformation in einen neuen digitalisierten Unterricht als Herausforderung für die Entwicklung neuer Ideen und Projekte sehen. Der kreative, innovative und nachhaltige Einsatz von digitalen Hilfsmitteln im Unterricht soll dadurch gefördert werden. Zukünftiger Schulunterricht stellt viele neue Herausforderungen an Lehrer*innen und Schüler*innen, bietet aber auch enormes Potenzial zur gemeinsamen Weiterentwicklung. Die nachhaltige Verankerung und möglichst vielschichtige Nutzung von neuen Technologien im täglichen Schulunterricht ist ein Hauptkriterium des Wettbewerbes.

Alle Informationen zur Teilnahme und den Kategorien findest du hier.

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