Eine Krise jagt die nächste. Die Zukunft ist ungewiss. Die Sitution erscheint aussichtslos. Der Schrei nach einer besseren Welt wird immer lauter. Doch was können wir eigentlich noch tun? Das Ars Electronica Festival 2021 steht unter dem Titel „A New Digital Deal“. Nach dem englischen Wort „to deal“ wirft dieses Motto die Frage nach unseren Handlungsmöglichkeiten auf. In diesem Kontext kann das Festival auch als ein Aufruf verstanden werden, ein Aufruf, das eigene Schicksal nicht in den Sternen stehen zu lassen, sondern Verantwortung für sein Leben, die Gesellschaft, unsere Zukunft zu übernehmen. Heute stellen wir Projekte – von Gardens, über Workshops bis hin zu Initiativen – vor, die einen Beitrag leisten wollen, innovative Ideen präsentieren, Werkzeuge für digitalen Aktivismus aufzeigen oder Reflexion provozieren.
Handeln und Verantwortung übernehmen – genau das fordert der Garden Andes unter dem Titel „Cycles“. Hier wird Autonomie als Hauptkonzept vorgelegt, das einen harmonischeren Lebensstil und Umweltschutz mit sich bringen soll. Unter Autonomie versteht man hierbei die Fähigkeit, informiert und ungezwungen Entscheidungen treffen zu können. Auf das Wirtschaftssystem können wir uns nicht länger verlassen. Es ist an der Zeit, sich mit anderen Augen umzuschauen und unser Streben nach Freiheit wiederzuentdecken.
Abgesehen von einem Wachrütteln bietet das Festival auch die Möglichkeit, revolutionäre Ideen, interessante Projekte und innovative Gedanken, der Öffentlichkeit zu präsentieren. Der Garden New York City mit dem Titel „A Portal“, veranstaltet vom Extended Reality Ensemble (XRE), will der Kunst- sowie der Tech-Community eine Stimme geben – lokal und international – und so die Gemeinschaft der Künstler*innen, Visionär*innen und Gemeinschaftsaktivist*innen in NYC stärken. Thematisch werden unter anderem technologische Versprechen reflektiert und die Grundlagen der digitalen Welt neu überdacht, um sie mit unserer aktuellen Realität in Einklang zu bringen und in ihrer Wechselwirkung mit Kultur und Gesellschaft zu erforschen.
Ebenfalls wird im Zuge des Festivals einer Gruppe Creative Producers aus aller Welt eine Bühne geboten. Diese versammeln sich 6 Wochen lang, um ihre Rolle und deren Einfluss auf einen „New Digital Deal“ zu reflektieren und gemeinsam ein „Manifesto for Creative Producing“ zu verfassen. Durch die klare Definition ihrer Rolle, ihrer Ansätze und Werte und dem Aufbau einer Gemeinschaft wollen sie künftig einen größeren Einfluss haben.
Zur Reflexion lädt auch die Multimedia-Plattform „Border Podcast“ mit ihrem Podcast „The Burst of Things“ ein, der die Geschichte der sozialen Bewegungen Chiles aus Perspektive prägender Gegenstände erzählt. Die letzte Folge „Constitutional Therapy“, in der die aktuelle chilenische Verfassung beschließt sich in Therapie zu begeben, wird als Ausgangspunkt für das Festivalprojekt „Where are we standing?“ genommen, das die Reise dieser verlorenen Verfassung durch die Produktion eines Filmessays/einer interaktiven Performance, die online zugänglich ist, fortsetzt. „Where are we standing?“ hinterfragt die Vorstellung, dass das Nicht-Wissen eine Triebfeder für Wissenschaft, Kunst und Selbsttranszendenz ist. Es lädt Benutzer*innen ein, Teil dieser Reflexion zu sein. Zu finden ist das Projekt als Teil der Theme Exhibition am Campus der Johannes Kepler Universität.
Eine viel größere Plattform als jedes Festival bietet in der heutigen Zeit – und vorraussichtlich auch in Zukunft – natürlich das Internet. Durch die Digitalisierung entstanden zuletzt völlig neue Möglichkeiten für Aktivismus. Plötzlich erreicht man nicht Hunderte, sondern vielleicht sogar Millionen Menschen in Sekundenschnelle. Wie genau Storytelling auf Social Media funktioniert und wie jeder einzelne seine Stimme erheben und sich Gehör verschaffen kann – darum dreht sich das Projekt „(Kunst-)Stoff für Storytelling“. In einem ursprünglich für die „create the world TOUR“ entwickelten Workshop sollen Schüler*innen ihre Geschichten zum Thema Klimawandel kreieren und in einem Kurzfilm spannend präsentieren. Einen weiteren Blick hinter die Kulissen der Sozialen Medien bietet auch das sektorübergreifende Projekt „Digital Cross Over“.
Beide der zuletzt vorgestellten Programmpunkte sind Teil der European Platform for Digital Humanism, die dazu motivieren will, grenzübergreifend in Aktion zu treten und gemeinsam gegen die langsame Unterdrückung von Menschenrechten wie der Privatsphäre durch die Tech-Industrie vorzugehen.
Ebenfalls Teil dieser Plattform ist die STARTS Initiative1 der Europäischen Kommision, mit der Technologie und Kunst verbunden werden sollen und so die europäische Innovationspolitik und die Kunstwelt profitieren. Unter anderem gehört der Initiative auch der STARTS Preis2 an. Dieser rückt Menschen und Projekte ins Rampenlicht, die das Potenzial haben, die wirtschaftliche, technologische, soziale und ökologische Zukunft Europas nachhaltig positiv zu beeinflussen. Die Gewinner des Wettbewerbs sowie eine Auswahl an „honorary mentions“ werden im Zuge des Ars Electronica Festivals präsentiert. Davon abgesehen sind auch die „Regional STARTS Centers“ erwähnenswert. Im Zuge der nächsten 18 Monate werden 12 neue Zentren in 11 verschiedenen Ländern an einer gemeinsamen Mission arbeiten: dem Reparieren der Zukunft.
Wer sich besonders für Veränderung einsetzt – sei es im Bereich Umweltschutz, im sozialen Bereich oder im gesellschaftspolitischen – wurde spätestens im letzten Jahr durch Protestaktionen wie FridaysForFuture oder BlackLivesMatter deutlich. Dass Aktivismus heute oft von der Jugend ausgeht oder angekurbelt wird, ist aber nicht weiter verwunderlich, schließlich wird die junge Generation mit den Entscheidungen der Gegenwart leben müssen. Aus diesem Grund finden sich auch in der „create your world“ Ausstellung, dem „Festival im Festival“ für junge Menschen im „Kepler’s Garden“, heuer zahlreiche Beiträge zum Thema „Digital Activism“. Das Symposium „Civil Society of the Future: Co-Creation Works“, die Freiwilligenmesse, und die Performance von Jugendlichen unter dem Titel „Social Intelligence Agency“ setzen sich vor allem mit den sozialen Fragen unserer Gesellschaft auseinander und laden dazu ein, selbst seinen Beitrag zu leisten.
Du bist noch unsicher, wo du ansetzen kannst, in welchem Rahmen du deine Ideen äußern kannst und wie Technologie dir dabei hilft? Der Workshop „Gender und Diversity“ setzt sich beispielsweise damit auseinander, wie Technologie als Werkzeug dienen kann, um Debatten für eine gleichberechtigtere Welt zu fördern. Darüber hinaus bietet er auch einen „safe space“, in dem gemeinsam diskutiert und Geschlechterrollen hinterfragt werden können. Außerdem läuft ein Workshop unter dem Hauptfestivalthema „A New Digital Deal“, der engagierte Menschen einladen will, nachzudenken, welche Zukunft sie wollen und wie ein „New Digital Deal“ gemeinsam gestaltet werden kann.
Mehr über das Ars Electronica Festival könnt ihr laufend hier auf unserem Blog, auf der Website sowie auf unseren Social Media Kanälen – auf Facebook, Instagram, Twitter und LinkedIn nachlesen.
1 STARTS is an initiative of the European Commission under the Horizon 2020 research and innovation programme.
2 The STARTS Prize has received funding from the European Union’s Horizon 2020 research and innovation programme under grant agreement No 956603.