Take this: The New Digital Deal!
Nicht nur die Konferenz, auch eine eigene Ausstellung widmet sich explizit dem „New Digital Deal“ und den vielen Facetten, in denen sich das Digitale heute in unserem Leben manifestiert. Bloße Bestandsaufnahme ist die Schau keine, geht es doch immer um sinnvolle Potentiale, die digitale Technologien für unsere Gesellschaft entfalten könn(t)en. Dass schon bald nicht mehr der Hund, sondern ein ihm nachempfundener, smarter Roboter der „beste Freund“ von uns Menschen sein wird („Fascination Robotic“) darf daher stark bezweifelt werden – und doch ist der vierbeinige Roboter das perfekte Beispiel dafür, dass wir in Sachen Technologie häufig die falschen Diskussionen führen. Statt eines polarisierenden „Die-Technologie-wird-alles-und-jedes-ersetzen!“ wäre ein „Wie-kann-Technologie-unsere-Möglichkeiten-sinnvoll-erweitern?“ hilfreich.Um solch sinnvolle Anwendungen geht es dann auch in der großen Ausstellung zum Festivalthema, in der man sich erst einmal verliert, um sich zu orientieren und wieder zu verlieren. Gezeigt wird hier etwa, wie aus überall erhältlichen medizinischen Hilfsmitteln und einem elektronischen Open-Source-Modul ein Notfall-Beatmungsgerät für COVID-Patient*innen wird („Eurus“), wie Blockchain im Sinne eines fairen sozialen und technologischen Wissenstransfers eingesetzt werden kann („1HWork“) oder mobile Roboter die Reflexion von Millimeterwellen zur sicheren Navigation durch Nebel oder Staubwolken nutzen können („Magic Eye“). Stellt sich zwischendurch die Frage, warum wir solch überzeugend gute Lösungen nicht – oder viel zu zaghaft – zum Einsatz bringen, während wir andere Technologien tagtäglich nutzen, obwohl sie hohe soziale oder ökologische Folgekosten verursachen? Wie wenig wir uns bewusst sind, wie weit Tech-Companies tatsächlich gehen, um aus unseren Schwächen, Unsicherheiten, Krankheiten und Suchtpotenzialen Profit schlagen, führt die Künstler*innengruppe „Laokoon“ mit einem außergewöhnliches (Daten-)Experiment vor („Made to Measure“).
Mögen diese unsere Wege häufig unergründlich scheinen, sicher ist, dass es eine entscheidende Rolle spielt, wie wir uns als Gesellschaft mit „der Zukunft“ auseinandersetzen, wie wir über sie sprechen und wie wir sie denken. Künstler*innen legen uns jedenfalls nahe, tradierte Hierarchien zwischen dem Realen und dem Potentiellen und das Denken in binären Kategorien wie „lokal – global“, „individuell – kollektiv“ oder „real – virtuell“ ein für alle Mal hinter uns zu lassen („Triopic Spectacle“). Viele Projekte dieser sich über zwei Gebäude erstreckenden Themenausstellung sind übrigens das Ergebnis von Künstler*innen-Residencies, die im Rahmen des 2018 initiierten „European ARTificial Intelligence Lab“ angeboten und durchgeführt wurden…Die immer weitergehende Automatisierung und Digitalisierung unserer Arbeits- und Lebenswelt, die zukünftigen Rollen von Menschen und Maschinen, das „Menschliche“ und die Bedeutung von Kreativität und Kunst – es sind die ganz großen Themen und Fragen, die Ugo Dehaes dann mit seiner Lecture-Performance „Simple Machines“ aufs Tableau bringt. Er erzählt die Geschichte eines Choreografen, der alles daransetzt, sich durch Technologie zu ersetzen. Er kreiert Maschinen, die erst in schleimigen Kokons heranreifen, diesen entschlüpfen und ihre ersten Schritte in einer neuen Welt tun. Nach und nach werden diese Robots nun selbstständig. Mittels Machine Learning trainieren sie unermüdlich und sind schon bald im Stande zu gehen, dann zu tanzen und schließlich auf einander zu reagieren und gemeinsam eine Show zu gestalten und aufzuführen, die das verzückte menschliche Publikum mit Applaus goutiert…