Wie bereitet man sich auf eine Zukunft vor, die zunehmend unvorhersehbar erscheint? Wenn Institutionen ins Wanken geraten, Technologien an Einfluss gewinnen und – obwohl sie Stabilität versprechen – selbst zu schwanken beginnen, steht Bildung an einem entscheidenden Wendepunkt. Als Reaktion auf das diesjährige Festivalthema PANIC – yes/no bringt die Campus Ausstellung 2025 Beiträge von 37 Universitäten aus aller Welt sowie 14 Abteilungen der Kunstuniversität Linz zusammen. An verschiedenen Orten – von der POSTCITY über die beiden Hauptgebäude der Kunstuniversität bis hin zum Salzamt und splace – geht die Ausstellung der Frage nach, welche Rolle kreative Bildung in einer Zeit spielt, die von Ungewissheit und Wandel geprägt ist.
Seit Bestehen des Campus-Formats bietet es eine Plattform, um zu erkunden, wie angehende Künstler*innen nicht nur durch technologische Entwicklungen, sondern auch durch ihre Lernumgebungen geprägt werden – durch die Art und Weise, wie sie lernen zu denken, zu hinterfragen und zu handeln. In diesem Jahr verlagern viele der ausgestellten Projekte den Fokus weg vom Präsentieren fertiger Lösungen hin zur Entwicklung der Fähigkeit, mit Ungewissheit umzugehen. Kunst wird in diesem Kontext zu einer Form adaptiver Intelligenz – einem Proberaum für noch unbekannte Zukünfte.
Die Campus Ausstellung ist weit mehr als eine Ausstellung von Studierendenarbeiten – sie ist ein lebendiges Labor für künstlerische Forschung, experimentelles Arbeiten und kulturelle Reflexion. Künstler*innen aus aller Welt setzen sich mit einer von Krisen geprägten Realität auseinander, die dennoch voller Möglichkeiten steckt. Entscheidend ist nicht, ob Panik gerechtfertigt ist, sondern wie wir mit Neugier, Widerstandskraft und gemeinsamer Vorstellungskraft darauf reagieren.
Die Kunstuniversität Linz, Co-Gastgeberin und akademische Partnerin der Ars Electronica Campus Exhibition, inszeniert ihr Thema sowohl räumlich als auch konzeptuell. Die Intervention Alles.Immer.Offen. verwandelt die Schiebetüren am Linzer Hauptplatz in klangvolle, sensorisch gesteuerte Schwellen, die aufzeigen, wie sich Automatisierung ins Absurde steigern kann – und welche Spannungen zwischen Transparenz, Kontrolle und öffentlichem Raum entstehen. Indem das Projekt vertraute Technologie in eine Choreografie von Zugang und Verweigerung verwandelt, lädt es dazu ein, Offenheit in Zeiten der Krise neu zu denken – körperlich, politisch und psychologisch.
Ein zentraler Bestandteil des diesjährigen Campus-Programms ist die National Academy of Art in Sofia, die im splace am Linzer Hauptplatz mit ihrer Ausstellung /decisions/make/art vertreten ist. Sie setzt sich mit künstlerischem Schaffen als fortwährendem Prozess von Entscheidungen, Reaktionen und vernetztem Denken auseinander. Durch interaktive Installationen, generative Systeme und Experimente mit maschinellem Lernen erkunden die Studierenden, wie ästhetischer Ausdruck zu einer ethischen Aushandlung wird – ein dynamisches Wechselspiel zwischen menschlicher Absicht und algorithmischen Umgebungen. Die Ausstellung Expanded Play, eine Kooperation der Fachhochschule Oberösterreich, der Masaryk-Universität und der Filmakademie Baden-Württemberg, ist im Salzamt zu sehen.
Ihre Herangehensweisen reichen von immersiven Umgebungen und Critical Interface Design bis hin zu spekulativem Worldbuilding und performativer Forschung – vereint durch eine gemeinsame Dringlichkeit: Wie kann Bildung nicht nur Fähigkeiten, sondern auch Resilienz fördern? Welche Arten von Lernumgebungen fördern Experimentierfreudigkeit statt Konformität? Und wie kann Pädagogik in einer von Volatilität geprägten Welt ein Raum der Möglichkeiten bleiben?
In einer Zeit, in der traditionelle Strukturen kaum noch Orientierung bieten, versteht sich die Campus-Ausstellung als Labor für das Leben inmitten der Ungewissheit. Statt Panik mit Panik zu begegnen, setzen sich die teilnehmenden Institutionen aktiv mit ihr auseinander – als eine Kraft, die reflektiert, verarbeitet, hinterfragt und transformiert werden kann. Als Zeichen ihres Engagements für junge Stimmen verleiht Ars Electronica zum zweiten Mal den Campus Award – eine Auszeichnung für das herausragendste studentische Projekt der Ausstellung und die Institution, die diese Exzellenz möglich macht.
Die Preisverleihung findet am Samstag, dem 6. September, in der POSTCITY statt.